Die Fraser-Spirale

Versuchen Sie einmal, der Spirale mit dem Finger zu folgen – Sie schaffen es nicht und kommen immer wieder am Ausgangspunkt an?

Darüber müssen Sie sich nicht wundern! Denn bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die Fraser-Spirale als Anordnung konzentrischer Ringe! Die Täuschung ist so intensiv, dass man selbst beim Verfolgen der Linien mit dem Finger in Versuchung kommt, nach innen zu wandern! Fassen Sie jetzt aber nicht auf den Bildschirm, weiter unten haben wir eine einfachere Sehhilfie für Sie.

Beobachtet man die Ringe genauer, so erkennt man, dass sie aus zum Mittelpunkt gedrehten Segmenten bestehen, die sich zum Teil gegenseitig überlappen.32

Bemerkenswert ist, dass die Illusion verschwindet, wenn die überlappenden Kreissegmente miteinander verbunden werden oder man eine Hälfte der Spirale abdeckt.36

Dies lässt vermuten, dass mehrere Prozesse an der Entstehung der Illusion beteiligt sind.

Die Täuschung, die 1905 erstmals von J.A.

Fraser SpiraleFraser veröffentlicht wurde, gibt es inzwischen in vielen Variationen. Am effektivsten ist die Variante mit breiten, verschiedenfarbigen Kreissegmenten und einem Karo-Muster als Hintergrund, in dem spiralförmige Elemente integriert sind.
Wie kommt es zu dieser Wahrnehmung?

Wie bereits erwähnt, entsteht die Täuschung vermutlich durch das Zusammenwirken mehrerer Verarbeitungsprozesse.

Ein Prozess bezieht sich auf die nach innen gedrehten Kreissegmente: Sie werden vom visuellen System nicht als einzelne, schräge Segmente, sondern als eine nach innen geneigte, durchgehende Linie wahrgenommen. Diese Modifikation findet bereits auf den frühen Stufen der visuellen Reizverarbeitung im Bereich der Retina statt.36 Die Reize werden dann in dieser Form an die höheren Verarbeitungsebenen weitergeleitet.

Der „Spiraleffekt“ ist wahrscheinlich auf die einfachen orientierungsspezifischen Zellen der Area striata im visuellen Cortex zurückzuführen.36 Da diese Zellen paarweise miteinander in Kontakt stehen, kommt es zu Wechselwirkungen bezüglich Erregung bzw. Hemmung. Dies wirkt sich auch auf die Verarbeitung der gedrehten, durchgehenden Linien aus, die aus den frühen Verarbeitungsstufen resultieren.36

Es bleibt die Frage offen, inwiefern Gestaltgesetze wie z.B. das Gesetz der Gruppierung bei dieser Täuschung eine Rolle spielen, oder ob ausschließlich neuronale Prozesse für diese Illusion verantwortlich sind.

Literaturverweise:
32 Sehen – J.P. Frisby – 1983
36 www.illusionworks.com – 11.01.01

Autor: Prof. Dr. Bernd Lingelbach