Das Blockrasterbild

Fast jeder hat schon einmal durch ein Fenster aus Glasbausteinen geschaut: Die Umwelt erscheint plötzlich wie ein Mosaik verschiedener Quadrate – und doch erkennt man einen Baum noch als Baum und einen Mensch als Mensch.

Obwohl kaum noch Details wahrnehmbar sind, reicht dieses

unscharfe Abbildung einer PersonMinimum an Informationen für unser Wahrnehmungssystem aus, um Objekte als solche zu erkennen.

Auch auf der Abbildung rechts oben kann man noch eine Person erkennen – verblüffend ist allerdings, dass wenn man dieses Bild unscharf macht, die Person noch deutlicher erkennbar ist!

Um diese Unschärfe zu erzeugen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Man kann entweder die Beobachtungsentfernung vergrößern (auf mehr als 2 Meter), die Beobachtungsentfernung verringern (Bild etwa 1 – 2 cm vor das Auge bringen), die Augen zukneifen oder das Bild durch eine starke sphärische Linse betrachten (z.B. durch eine Lupe).

Julesz auf einem Computer erzeugt.22 Der Grauwert eines jeden Quadrats entspricht dem Leuchtdichtemittelwert, also der gemittelten Helligkeit, des gleichen Areals im Originalportrait.22

So entstand auch die Version des Lincoln-Portraits von

Lincoln-Portrait von Salvadore DaliSalvadore Dali – nur dass er statt langweiliger einfarbiger Flächen etwas interessantere Flächen mit der entsprechenden Leuchtdichte verwendet hat.

Durch dieses Verfahren entstehen in diesen Bildern scharfe Kanten, die im Original-Bild nicht vorhanden sind – darum erscheinen uns die modifizierten Bilder etwas verfremdet. Erzeugt man nun mit den oben beschriebenen Methoden ein unscharfes Bild, verschwinden die scharfen Kanten, das Objekt kann man deutlicher erkennen.

Derselbe Effekt wird bei Postern ausgenutzt, die aus vielen kleinen Einzelbildern zusammengesetzt wurden: Auch hier hat ein Einzelbild den Leuchtdichtemittelwert des entsprechenden Areals im „großen“ Bild.

 

Wie verarbeitet unser visuelles System ein Blockrasterbild?
Die folgende Theorie zur Erklärung dieses Phänomens basiertBlockrasterbild auf der Grundlage, dass unser visuelles System verschieden scharfe Details auf unterschiedlichen Kanälen verarbeitet.

Die Gittersehschärfe, d.h. die maximal auflösbare Ortsfrequenz (Perioden pro Grad Sehfeld; eine Periode entspricht in einem Rechteckgitter einem dunklen und einem hellen Streifen) – spielt hierbei eine große Rolle. Für unterschiedliche Ortsfrequenzen ergeben sich z.B. unterschiedliche Schwellen für die Kontrastempfindlichkeit, was auf verschiedene Verarbeitungskanäle hinweist.

Außerdem kann jedes Objekt rechnerisch aus vielen verschiedenen Gittern zusammengesetzt werden, selbst scharfe Kanten können durch eine Summe von übereinanderprojizierten Gittern dargestellt werden; dabei gilt: je mehr hohe Ortsfrequenzen beteiligt sind, desto schärfer erscheinen die Kanten des Objektes. Wird ein Objekt auf diese Art in seine Ortsfrequenzen zerlegt, spricht man von Fourier-Analyse.

Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass eine hohe

Blockrasterbild 2Sehschärfe mit einer guten Verarbeitung (Kontrastempfindlichkeit) für hohe Ortsfrequenzen verbunden ist, da diese für eine hohe Schärfe von Linien und Kanten verantwortlich sind.22

Allerdings ist zum Formenerkennen eine gute Sehschärfe nicht unbedingt notwendig, wie die Blockrasterbilder zeigen.22

Im ursprünglichen Bild sind keine scharfen Kanten vorhanden, das Blockbild wird durch sie maskiert. Derartige Kanten entsprechen hohen Ortsfrequenzen, die durch die beschriebenen Beobachtungsmethoden eliminiert werden. Das Herausfiltern hoher Ortsfrequenzen wird auch als Tiefpassfilterung bezeichnet. Dadurch wird das Netzhautbild zwar unschärfer, aber die Maskierung entfällt, das Objekt wird deutlicher.

Literaturverweise:
22 Der Einfluss der Kontrastempfindlichkeit auf geometrisch-optische Täuschungen
– B. Lingelbach – 1984; auch die beiden Lincoln-Portraits wurden aus diesem Artikel entnommen;
Das Bild „BJ´s Eye“ : Gael Connan 2001, Das Auge gehört Björn Titze
Autor: Prof. Dr. Bernd Lingelbach